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Pacing – in der Ruhe schlummert Kraft

Foto: Füße in schwarzen stabilen Schuhen balancieren auf einem umgefallenen Kiefernstamm im Wald.

Pacing ist eine Methode, mit der Sie die eigene Energie haushalten können. Bei Erkrankungen wie Myalgische Enzephalomyelitis oder auch dem chronischen Fatigue-Syndrom, kurz ME/CFS, die unter anderem als Folge einer COVID-Infektion auftreten können, erscheint Pacing als ein hilfreiches Mittel.

Die Methode kann Symptomverschlechterung entgegenwirken oder sogar eine Verbesserung des Allgemeinzustandes bewirken. Pacing ist eine Chance für Betroffene von Erschöpfungssymptomatiken, für die es keine zugelassenen Medikamente oder Therapien gibt. Mit zunehmender Reinfektion durch stetig wiederkehrende Corona-Wellen findet sich das Krankheitsbild jedoch immer häufiger als Long COVID Symptomatik. Damit Sie Pacing für Ihren Genesungsverlauf optimal nutzen können, ist es notwendig, Ihren neuen Stand an körperlichen und geistigen Ressourcen kennenzulernen.

Alles begrenzt, so schön neu …

Foto: Dominosteine aus Holz, links eine Reihe bereits umgekippter Steine, rechts aufgestellte Steine, dazwischen eine Hand, die die Kettenreaktion des Falls verhindert.

Bei Krankheitsbildern des chronischen Erschöpfungssyndroms funktioniert unser Körper entgegen aller Gewohnheiten. Kraft und Ausdauer lassen sich nicht mehr durch Training steigern. Im Gegenteil: Überlastungen können bereits durch alltägliche Gewohnheiten oder Selbstverständlichkeiten auftreten und zum totalen Zusammenbruch führen. Dieser Post-External Mailaise (PEM) genannte Crash bezeichnet die Verschlechterung der Erschöpfungssymptomatik auf ganzer Linie. Wer an ME/CFS leidet, kann also nicht einfach die Kräfte durch Training wieder ausbauen, um zu gewohnten Zuständen zurückzukehren. Wenn Sie dennoch versuchen, Ihren vor der Erkrankung gewohnten Tagesablauf zu managen, landen Sie oft wenige Stunden später im Bett oder auf der Couch. Anfangs kann der Zustand sich noch unmerklich in unüblich langen Schlafenszeiten äußern, da der Zusammenbruch oft mit der Ruhephase einhergeht. Ziehen Sie hier nicht schnell genug die Reißleine und hören auf die Signale Ihres Körpers, befinden Sie sich schnell in der Abwärtsspirale und der Zustand wird chronisch. Eine frühestmögliche Akzeptanz der veränderten Fähigkeiten kann Sie davor bewahren, dass das Erschöpfungssyndrom ein irreparabler Zustand wird.

ME/CFS durch Corona-Virus

Foto: Ein Großraumbüro. An Tischen sitzen Mitarbeitende auf Abstand mit Laptop und FFP2-Maske.

Myalgische Enzephalomyelitis beziehungsweise das chronische Fatigue-Syndrom wird nach heutiger Forschungslage häufig durch Infekte ausgelöst. Falsche Behandlungen, wie die immer noch verbreitete Belastungstherapie, kann ME/FCS chronifizieren. Frühzeitig eingesetztes Pacing hingegen kann Sie davor bewahren, dass die Belastungskrankheit dauerhaft bleibt. Vor der Corona-Pandemie waren etwa 0,3 % der weltweiten Bevölkerung von ME/FCS betroffen. Als bisherige Auslöser galten Epstein-Barr-, Dengue- oder Enteroviren. Inwieweit die Verbreitung der schwerwiegenden Erschöpfungssymptomatik durch das Corona-Virus gesamtgesellschaftlich zunehmen wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Ein Faktor ist, wie mit der gehemmten oder ungehemmten Verbreitung des Virus umgegangen wird. ME/CFS ist eine der schwerwiegendsten langwierigsten Symptome von Long COVID. Ein weiterer Faktor ist der individuelle Umgang nach der Infektion mit eventuell auftretenden Beschwerden. Leiden Sie an Erschöpfungszuständen, nehmen Sie diese ernst. Besprechen Sie sich mit medizinischen Fachkräften und meiden Sie übermäßige Belastung. Versuchen Sie neue körperliche Grenzen wahrzunehmen und zu akzeptieren. Stellen Sie sich Ihren eigenen Pacing-Plan zurecht.

Wie geht Pacing?

Bildreihe v. l. n. r.: Eine Person macht eine Dehnübung auf einer Sportmatte. Hände mit Stiften, Laptop, Tablet und Unterlagen auf einem aktiv genutzten Schreibtisch. Eine Person staubsaugt.

Beim Pacing werden jegliche Aktivitäten einbezogen, die physische oder psychische Anstrengung beinhalten. Nicht nur Offensichtliches wie Sport kostet unseren Körper Kraft. Bereits Tätigkeiten wie Lesen oder Fernsehen, die vor einer Erschöpfungssymptomatik nur leicht die Aufmerksamkeit beanspruchten, können nun die körperlichen und geistigen Kraftreserven komplett aufbrauchen. Beim Pacing geht es darum, sich die verbliebenen Kräfte so einzuteilen, dass am Ende des Tages ausreichend Energie übrig ist. Es geht nicht darum, Grenzen auszuweiten, sondern die verbliebenen Kapazitäten schonend im Blick zu behalten. Dabei ist Energie durchaus etwas, das auch bei ME/CFS-Erkrankten abhängig von der Tagesform schwankt. Es gibt gute und schlechte Tage. Schlechte Tage sind nicht zwingend eine Folge von Überlastung. Guten Tagen sollten jedoch nicht aus Übermut schlechte folgen. Haushalt, Arbeit, Leben, Fitness, soziale Interaktion – all diese Punkte unter einen Hut zu bringen, ist schon für gesunde, gut organisierte Menschen ein Balanceakt. Wer unter einem Erschöpfungssyndrom leidet, muss und darf hier verstärkt Prioritäten setzen. Wenn Freunde oder Familie zu Besuch kommen, kostet allein das schon Kraft. Diese Reserven sollten nicht vorab durch Aufräumen verbraucht werden müssen. Pacing heißt im Endeffekt, viel auf sich und die eigenen – neuen – Grenzen zu achten und danach zu handeln. Das bedeutet eben auch, Dinge neu zu priorisieren und gegebenenfalls zu verschieben oder abzugeben.

Was versteht man unter Pacing?

Pacing (Engl. für Tempo bzw. Schritt halten) ist eine Methode, um mit den eigenen Kraftreserven zu haushalten, wenn diese durch eine Erkrankung gemindert sind. Gerade beim chronischen Erschöpfungssyndrom, bei dem Leistung nicht mit Belastung gesteigert werden kann, sondern zu gegenteiligen Effekten führt, hat sich Pacing bewährt.

Wie funktioniert Pacing?

Beim Pacing achten die Anwendenden verstärkt auf vorhandene Energiereserven und lernen diese so zu haushalten, dass sie sich weder körperlich noch geistig überlasten. Jeder Tätigkeit kann dabei ein individueller Punktwert zugeordnet werden. Am Ende des Tages sollten stets noch Kraftpunkte verbleiben. Ziel ist es, weder an die eigenen Grenzen zu gehen und schon gar nicht darüber hinaus, da dies bei einigen Krankheitsbildern einen physischen und psychischen Zusammenbruch nach sich zieht.

Hilft Pacing bei Long Covid?

Covid19 ist nicht einfach nur eine Atemwegserkrankung, sondern ein multisystemisches Entzündungssyndrom. Long Covid hat viele Facetten, da das Corona-Virus unterschiedlichste Bereiche des Körpers nachhaltig – und oft unbemerkt – schädigen kann. Pacing kann ein Mittel sein, um mit ME/CFS, einer der schwerwiegendsten Folgeerkrankungen, zurechtzukommen. Im Idealfall kann sogar eine Besserung eintreten. Ein Heilmittel ist Pacing jedoch nicht, denn ein Heilmittel gibt es noch nicht.

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