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Prinzessin Insomnia und der alptraumfarbene Nachtmahr

Foto: Der Roman von unten angeschnitten

Walter Moers: Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr
Mit Illustrationen von Lydia Rode
Albrecht Knaus Verlag, 344 Seiten, 24,99 Euro

Eine Prinzessin, die das Schlafen abschaffen will

Prinzessin Dylia ist schlaflos. Sie leidet an einer seltenen Krankheit, die die zamonische Ärzteschaft vor Rätsel stellt. Ihr bisheriger Rekord liegt bei 28 durchwachten Nächten. In diesen einsamen Stunden wandelt sie schlaflos durch das Schloss über sieben Türme mit endlosen Wendeltreppen und gibt sich ihren Gedanken hin. Dann erdenkt sie sich Regenbogenerfindungen, sortiert Adjektive und verfüttert Pfauenwörter an ihre grüne Erinnerungsspinne. Mit zunehmender Schlaflosigkeit schweift Dylia in Fantasiewelten ab und scheint manches Mal zu halluzinieren. Oder sind ihre Sinne lediglich geschärft durch die Abwesenheit des Schlafes?

Wäre Prinzessin Dylia bereits Regentin, würde sie Wissenschaftler auf das verbreitete Problem des Schlafens ansetzen und ihrem Volk diesen ineffektiven Zeitvertreib verbieten. Zwar spricht bei diesem Gedankengang nachvollziehbare Einsamkeit und Verzweiflung aus der Prinzessin, aber spätestens hier verliert die schrill wirkende Protagonistin gehörig an Sympathie.

Zur Strafe sitzt eines Nachts der alptraumfarbene Nachtmahr auf Prinzessin Dylias Brust. Der atemberaubend schwere Gnom eröffnet der Prinzessin, dass er sie zur Heimsuchung auserwählt hat und sie in den Wahnsinn treiben wird, bis sie es nicht mehr aushält und sich aus dem Fenster stürzen wird. Da sich Dylia nicht auf die Abkürzung dieses Prozesses durch spontanen Sprung einlässt, treten die beiden stattdessen eine magische Reise durch Dylias Gehirn an. Ziel ist Amygdala. Dabei wird deutlich, dass das Gehirn des irdischen Lesers mit einem zamonischen Gehirn einige anatomische Ähnlichkeiten aufweist. So begleiten wir die zwei Hauptfiguren durch bekannte Gefilde wie den Thalamus oder Fissura cerebri auf einer gefährlichen Reise voller Wortspiele und bunter Fantasieausbrüche. Währenddessen entsteht eine besondere Beziehung zwischen dem Nachtmahr und seinem Opfer, in der nach und nach aus Abhängigkeit so etwas wie Freundschaft zu entstehen scheint.

Verspielt, mitreißend und clever

Im Roman „Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr“ präsentiert Walter Moers seine ganze Liebe zur deutschen Sprache, Raffinesse und Erzählkunst. Anfangs entsteht fast der Eindruck, er verliert sich in seiner Sprachverliebtheit. Nach der überaus ausgedehnten Vorstellung der Protagonistin und ihrer Erlebniswelt nimmt die Geschichte jedoch erheblich an Fahrt auf. Sie bewegt sich ähnlich wie „Der Schrecksenmeister“ und „Ensel und Krete“ im Bereich der in sich geschlossenen zamonischen Märchen. Die Berührungspunkte mit der Welt Zamoniens und ihren Figuren sind eher gering, was sicherlich manchen enttäuschen mag. Dennoch entwickelt sich eine mitreißende und clevere Erzählung über Freundschaft und Loyalität mit irrwitzigen Kreaturen wie den Zwielichtzwergen, Zergessern, Egozetten, Irrschatten und Grillos.

Inspiriert von einer wahren Geschichte

Lange haben Fans der Zamonienromane darauf gewartet, wieder Einlass zu finden in die abgedrehte Welt aus fantastischen Abenteuern und liebevollen Sprachspielen. Nachdem es Walter Moers mit seinem letzten Roman „Das Labyrinth der Träumenden Bücher“ im Jahr 2011 gelungen war, ein Buch zu einem einzigen großen Cliffhanger zu stilisieren, wurde der für 2014 angekündigten Fortsetzung „Das Schloss der träumenden Bücher“ heftig entgegengefiebert. Statt dieser kündigte Moers jedoch die Veröffentlichung des Titels „Die Insel der 1000 Leuchttürme“ an, bis im August 2017 recht überraschend „Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr“ erschien.

Inspiriert dazu wurde Moers von Lydia Rode, die das Chronische Erschöpfungssyndrom hat und dessen Auswirkungen mit seinen Romanen bekämpft. Zusammen planten sie eine Kurzgeschichte, die mit dem vorliegenden 344 Seiten starken Roman “Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr” eher epische Ausmaße für das angedachte Format annahm. Verewigt hat sich Lydia Rode nicht nur in ihren Zeichnungen zur Geschichte, die damit erstmalig im Laufe der Zamonien-Romane nicht aus der Hand des Autors stammen. Typisch für Walter Moers, ist auch die Prinzessin Dylia eine Widmung an die Zeichnerin in Form eines Anagramms.

Foto: Der Roman steht aufrecht auf einem Holztisch

Eulenwertung

Eulenwertung: 3 von 5 Mitfiebernd-die-Bettdecke-hochzieh-Faktor
Eulenwertung: 2 von 5 Wachhalte-Faktor
Eulenwertung: 4 von 5 Vor-Lachen-aus-dem-Bett-fall-Faktor
Eulenwertung: 3 von 5 Ins-Kissen-wein-Faktor
Eulenwertung: 2 von 5 Lieber-bei-Licht-einschlafe-Faktor
Eulenwertung: 5 von 5 Graue-Zellen-anstreng-Faktor

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