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Schlafmittel – Fluch oder Segen

Foto: zwei runde, helle Tabletten auf einer dunklen Oberfläche

Wer schlecht ein- oder durchschläft, wird wesentlich beeinträchtigt. Die Auswirkungen von Schlafmangel beeinflussen selbst bei lediglich einer durchwachten Nacht die gesamte Leistungsfähigkeit über den Tag. Bereits eine Stunde Schlafmangel kann sich bemerkbar machen wie sich bei der Zeitumstellung auf die Winter- bzw. Sommerzeit bemerkbar macht. Das persönliche Wohlbefinden und die Konzentration leiden unter fehlendem Schlaf. Doch nicht jedes Schlaf-Problem ist als Schlafstörung zu bewerten. Gelegentliches Aufwachen während der Nacht ist normal. Auch Nächte, in denen Sie scheinbar die ganze Zeit wachgelegen haben, sind wahrhaftig oft solche, in denen Sie lediglich häufig aus der ersten und zweiten Schlafphase erwacht sind und sich am Morgen danach nicht mehr daran erinnern, geschlafen zu haben.

Schlafmittel verschaffen bei Schlafstörungen kurzfristig Abhilfe. Ihr Wirkspektrum reicht von der leichten Beruhigung bei den sogenannten Seditativa bis hin zur starken Betäubung, etwa bei den Narkotika. Ob natürliche oder chemische Präparate, all diese schlaffördernden Substanzen beeinflussen unser natürliches Schlafprofil und den Schlafphasenrhythmus.

Schlafstörung eine Volkskrankheit?

Foto: ein Wecker, im Hintergrund eine wachliegende Person im Bett

Heute sind Schlafstörungen weit verbreitet. Millionen Menschen leiden unter Schlafstörungen. Etwa jeder Dritte fühlt sich durch Lärm, Stress, Schichtarbeit, Wetterfühligkeit, Licht oder Ernährung im Schlaf gestört. Dabei ist Schlaf ein Allheilmittel. Wer durchschläft, verringert sein Krankheitsrisiko um das Fünffache, wie aus einer Fachveröffentlichung im „Archives of Internal Medicine“ hervorgeht.

Innere und äußere Ursachen für Schlafstörungen

Bevor Sie zu Schlafmitteln greifen, sollten Sie stets erst der Ursache für Ihre Schlafstörung auf den Grund gehen, um diese zu beheben und die Einnahme von Präparaten zu vermeiden:

  1. Prüfen Sie, ob sich allgemeine Gewohnheiten änderten, die eine Auswirkung auf Ihr Schlafverhalten haben könnten: (Arbeitszeiten, Wohnort, Medikamente, Nahrungsumstellung etc.).
  2. Führen Sie ein Schlafprotokoll (etwa zwei Wochen), um sich über Ihr Schlafverhalten bewusst zu werden.
  3. Sprechen Sie mit einem Arzt.
  4. Holen Sie, wenn nötig, eine qualifizierte zweite Meinung ein.

Eine Schlafstörung kann auch ein Hinweis auf eine scheinbar unabhängige Krankheit sein. Depressionen, Funktionsstörung der Schilddrüse oder Leberzirrhose sind verbreitete körperliche Ursachen. Neurosen, Psychosen, Angst- und Stresszustände gehören zu den verbreiteten psychischen Ursachen.

Foto: Sprechstunde beim Arzt. Zwei Paar Hände in Nahaufnahme auf einem Tisch, auf dem ein Klemmbrett liegt.

In jedem Fall sollte ein Arzt konsultiert werden, sofern Sie bei sich oder Ihrem Partner folgende Symptome feststellen:

Wichtig:
Kinder und Jugendliche benötigen für eine volle Aufnahmefähigkeit durchschnittlich zwischen 9 und 9,5 Stunden Schlaf. Dieser Schlafbedarf kollidiert häufig mit Zubettgehzeiten und Schulbeginn. Durch Schlafmangel bedingter Leistungsabfall ist die Folge. Sorgen Sie für Ruhephasen vor der Nachtruhe, indem Sie alle technischen Geräte etwa 30 Minuten vor dem Einschlafen ausschalten.

Welche Schlafmittel gibt es?

Grob unterschieden werden Schlafmittel aufgrund der Stärke und der Dauer ihrer Wirkung. So werden Medikamente mit länger anhaltender Wirkung bei Durchschlafstörungen eingesetzt. Präparate mit kürzerer Wirkungsdauer sind hingegen bei Einschlafstörungen empfehlenswert.

Foto: eine klassische Waage mit Waagschalen, auf der einen Seite Kräuter und Pflanzen, auf der anderen Seite Tabletten

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist ihr Vorkommen beziehungsweise die Art und Weise ihrer Herstellung. So kann zwischen pflanzlichen Schlafmitteln, den Phytohypnotika, und synthetischen Schlafmitteln unterschieden werden.

Der dritte und für den Anwender wohl wichtigste Faktor zur Unterscheidung von Schlafmitteln besteht in ihrem Suchtpotenzial. Viele verschreibungspflichtige Substanzen bringen eine erhebliche Gefahr mit sich, körperliche und psychische Abhängigkeit zu schaffen. Bereits bei einer Einnahme über wenige Wochen kann beim Absetzen der Schlafmittel eine Entzugssymptomatik entwickelt werden. Mitunter äußert sich diese in schwereren Schlafstörungen als die ursprünglich zu behandelnden.

Pflanzliche Schlafmittel

Einige Pflanzen verfügen über schlaffördernde Inhaltstoffe. Viele davon können als Tee oder Badezusatz angewendet werden, einige wirken über ihre bloße Anwesenheit als Schlafzimmerpflanze. Sie werden hauptsächlich als Einschlafhilfen und zur Beruhigung angewendet. Die sogenannten Phytohypnotika gelten als sanfte Variante zu synthetischen Schlafmitteln. Sämtliche auf Pflanzen basierende Arzneimittel sind rezeptfrei erhältlich. Die Perspektive, es handele sich entsprechend um „harmlose pflanzliche Wirkstoffe“, ist jedoch verzerrt. Dagegen wurden einige Substanzen aufgrund ihrer zahlreichen Nebenwirkungen erst gar nicht als Schlafmittel zugelassen. So wurde beispielsweise auch Cannabis bis ins frühe 20. Jahrhundert noch frei in Apotheken verkauft, nach und nach jedoch durch zielführendere, nebenwirkungsfreie Medikamente ersetzt.

Synthetische Schlafmittel

Synthetisch hergestellte Schlafmittel lassen sich in mehrere Gruppen einteilen. Ihr Wirkungsspektrum reicht vom OTC-Arzneimittel (engl. over the counter „über die Ladentheke verkauft“) bis hin zum BTM-Medikament, also zu Stoffen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen.

Wichtig:
Schlafmittel beseitigen nicht die Ursachen einer Schlafstörung. Betreiben Sie Ursachenforschung, bevor Sie zu Schlafmitteln greifen. Nicht jede Schlafstörung muss medikamentös behandelt werden. Nehmen Sie zudem nie vorsorglich Schlafmittel ein. Beachten Sie stets Nebenwirkungen, Verkehrstauglichkeit und Abhängigkeitspotenzial, sollten Sie kurzfristig nicht um eine Einnahme umhinkommen.

Antihistaminika

Die erste Generation vieler Allergiemittel besitzt eine sedierende Nebenwirkung. Antihistaminika wie Diphenhydramin, Doxylamin, Meclozin und Promethazin werden daher auch als Schlafmittel angewandt. Der Vorteil dieser Medikamente besteht in ihrem geringen Abhängigkeitspotenzial. Entsprechend sind einige Mittel rezeptfrei erhältlich. Allerdings tritt bereits nach kurzer Zeit ihrer Einnahme häufig ein Gewöhnungseffekt ein, der Nutzer zu einer Steigerung der Dosis verleiten kann. Zudem setzt die volle schlaffördernde Wirkung erst etwa ein bis drei Stunden nach der Einnahme ein.

Foto: Baldrian und eine Tasse Tee von oben

Antihistaminika verlängern die Tiefschlafphase und unterdrücken die REM-Schlafphase. Diese Störung des Schlafphasenrhythmus wirkt sich negativ auf die aus dem Schlaf gewonnene Erholung aus und kann langfristig zu einem REM-Rebound führen. Bei der Nutzung von Antihistaminika als Schlafmittel kann es zum sogenannten Hangover-Effekt kommen.

Benzodiazepine

Die hauptsächlichen Wirkungsspektren von Benzodiazepinen liegen in angstlösenden, krampflösenden und schlaffördernden Effekten. Ihre allgemein beruhigende Wirkung auf Körper und Geist macht Vertreter dieser Stoffgruppe auch als Schlafmittel so wirksam. Während sie die Einschlafphase und die Leichtschlafphase verlängern, verkürzen sie die für die Regeneration des Immunsystems und unser Gedächtnis wichtige Tiefschlafphase. Die REM-Schlafphase ist von ihrer Wirkung nicht betroffen.

Das sicherlich bekannteste und meistverkaufte Benzodiazepin ist Diazepam. Unter dem Handelsnamen Valium ist es seit 1977 ununterbrochen auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO.

Z-Drugs

Die sogenannten Nicht-Benzodiazepin-Agonisten, auch bekannt als Z-Substanzen, kamen zu ihren Namen, weil alle Vertreter dieser Stoffgruppe mit einem Z beginnen, wie etwa Zolpidem oder Zoplicon. Z-Drugs docken wie die Benzodiazepine an den GABA-Rezeptoren an, wirken jedoch im Gegensatz zu den Benzodiazepinen fast ausschließlich schlaffördernd. Da die muskelentspannenden, krampf- und angstlösenden Wirkungen weit weniger ausgeprägt sind, ging man lange Zeit auch von einem geringeren Abhängigkeitspotenzial aus. Diese Annahme stellte sich jedoch medizinisch als fataler Irrtum heraus. Dennoch ist Zopiclon heute eines der meistverkauften Schlafmittel.

eine Synapse mit darauf einströmenden Transmittern

Barbitursäure-Abkömmlinge

Die hochwirksamen Barbiturate tragen ein ebenso hohes Risiko wie die Z-Drugs. Sie sind schlaferzwingend und derart lange wirksam, dass die durch sie evozierte Müdigkeit am Folgetag Aufmerksamkeit und Verkehrstüchtigkeit beeinflussen kann. Aufgrund zahlreicher Überdosen und des hohen Missbrauchspotenzials der Barbiturate wurde ihnen 1993 ihre Zulassung als Schlafmittel entzogen. Medizinische Verwendung finden heute lediglich noch zwei Präparate:

  1. Phenobarbita: Wird zur Behandlung von Epilepsie eingesetzt.
  2. Thiopental: Wird als Anästhetikum zur Narkoseeinleitung eingesetzt.

Biogene Stoffe

Unter biogenen Stoffen werden jegliche körpereigen produzierten Schlafmittel wie etwa die Aminosäure Tryptophan, das Hormon Melatonin und das Melatonin-Derivat Ramelteo verstanden.

Nebenwirkungen von Schlafmitteln

Foto: Eine Frau legt ihren Kopf auf ihre verschränkten Arme, die auf einem Tisch liegen; vor ihr ein Laptop

Die lange Halbwertzeit der meisten Schlafmittel führt häufig zum sogenannten Hangover-Effekt, einer starken Müdigkeit am nächsten Morgen, die sich über den gesamten Folgetag ziehen kann.

Schlafmittel haben häufig Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen. Eine besondere Verstärkung ihrer Wirkung ist bei gleichzeitiger Einnahme von Alkohol bekannt und wird häufig missbräuchlich genutzt.

Einer Studie zufolge steigt das Risiko, an Krebs zu erkranken, durch einen regelmäßigen Gebrauch von Schlafmitteln stark an.

Schlafmittelabhängigkeit

Foto: Eine Frau vergräbt ihr Gesicht in den Händen.

Gerade in ihrer Wirkung als Angstlöser und Schlafmittel werden Benzodiazepine häufig zu lange verwendet. Eine Sensibilisierung für das dramatische Abhängigkeitspotenzial sowohl seitens der Ärzte, als auch der Patienten, ist dringend notwendig. Benzodiazepine sollten lediglich als Akutmedikamente bei Krampfanfällen oder im direkten Anschluss an Schock oder traumatische Situationen verwendet werden. Keinesfalls sollten sie hingegen länger als zwei Wochen eingenommen werden. Bereits nach kurzer Anwendung entwickeln sich körperliche und psychische Abhängigkeiten. Die Ursprungssymptomatik kann sich im Zuge der Absetzerscheinungen erheblich verstärken. So treten Entzugserscheinungen in Form von Schlaflosigkeit, Panikattacken, Krampfanfällen und Depressionen und zahlreiche weitere über einen sehr langen Zeitraum auf.

Wichtig:
Sucht ist eine ernsthafte und häufig mit Scham besetzte Krankheit. Ein Entzug von den gängigen Schlafmitteln ist eine gefährliche und schwierige Angelegenheit. Gerade Menschen, die in ihrem Alltag keine Berührungspunkte mit der sogenannten Drogenszene haben und sich plötzlich in einer Abhängigkeit wiederfinden, scheuen sich vor einem medizinisch begleiteten Entzug in einer spezialisierten Klinik. Es ist dringend davon abzuraten, Schlafmittel eigenmächtig und ohne medizinische Aufsicht abzusetzen.

Bitte wenden Sie sich an eine qualifizierte Beratungsstelle und verzichten Sie auf einen eigenständigen Entzug zu Hause.

Missbrauch von Schlafmitteln

Neben dem Gebrauch von Schlafmitteln in Suchtkontexten existiert auch ein weiterer schwerwiegender Missbrauch der Substanzen. So wird die narkotisierende Wirkung einiger Benzodiazepine bei Straftaten wie Sexualdelikten genutzt, um Opfer wehrlos zu machen. Diese Anwendung als K.O.-Tropfen oder Vergewaltigungsdroge ist nicht nur durch die eigentliche Intention (die Vergewaltigung) strafrechtlich relevant. Menschen ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung mit Medikamenten zu beeinflussen, fällt unter den Straftatbestand der Körperverletzung.

 

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